Cochin
29. Oktober 2012India – incredible India!
Trotz mittlerweile einjähriger Reiseerfahrung war uns klar, dass Indien anders werden würde. Joga war bereits schon einmal in Indien, doch ich konnte mir so gar nicht vorstellen, was mich zu erwarten hat.
Nach einem langen und zähen Flugtag sind wir kurz vor 23.00Uhr in Cochin gelandet, wo bereits ein Fahrer mit einem Schild in der Hand – auf dem gross Daisy draufstand – auf uns gewartet hat. Nach einigen Ehrenrunden auf dem Flughafenareal, entgegen der Fahrtrichtung, da er sämtliche „This way out“ Schilder ignoriert, dafür aber anständig die Polizei aus dem Weg gehupt hat, wurden wir nach Fort Cochin zu unserem Homestay gefahren. Bereits am nächsten Tag, haben wir uns von einem der unzähligen Tuktuk-Fahrer zu einer Rundfahrt überreden lassen. Dabei wurden alle touristischen Highlights abgeklappert unter anderem eine indische Wäscherei – einer Dhobikhana. Waschen funktioniert in Indien vollgendermassen. Ein Dhobi holt die Wäsche in den Hotels oder Haushalten ab und bringt sie zum Dhobikhana, der Wäscherei. Dort wird alles ordentlich bearbeitet, indem die Wäsche zuerst in einem Seifenbad eingeweicht und anschliessend der Dreck auf einem Stein ausgeklopft wird. Sonnengetrocknet kommt sie zum Bügeln, wo sie grösstenteils noch mit alten Kohlebügeleisen akkurat geglättet wird. Ich durfte es dann auch gleich mal ausprobieren. Ganz schön schwer die Dinger, aber effektiv! Nach unserer Touritour waren wir ziemlich hungrig, und wollten von unserem Tuktuk-Fahrer wissen, wo wir gut einheimisch essen gehen können. Er hat uns am Hotel City Light (Hotel steht in Indien für Restaurant) rausgelassen, was für die nächsten drei Wochen unser Stammrestaurant werden sollte. Erstes indisches Essen – Biriyani (sehr leckeres Reisgericht) mit Ei & Huhn, 2 Samosas, 2 frittierte Eier und 2 Chai-Tee für 185Rs – ca. 2,60€ und sau lecker!
Ein paar Tage später haben wir zufällig in Mattancherry, ein Stadtteil von Cochin in einem kleinen Hotel unseren Tuktuk-Fahrer wiedergetroffen. Sehr praktisch, da wir noch nicht so ganz in die einheimische Küche eingeweiht waren und dort niemand Englisch konnte. Nach dem Essen hat er uns dann noch zu einem Kathakali-Theater gefahren. Hier haben wir uns für morgen Karten gekauft und uns wurde noch gleich ein Übersetzer-Job aufgedrückt, da die Theatermitarbeiter ihre Handlungsgeschichte vom Englischen ins Deutsche per Google übersetzt hatten, was ungefähr so viel Sinn gemacht hat, wie die Paulaner-Bierwerbung „Ich möchte diesen Teppich nicht kaufen“. Bevor wir am nächsten Abend ins Theater sind, ging‘s morgens mit der Fähre nach Ernakulam. Auch hier haben wir erst mal wieder ein Restaurant angesteuert, ein Tipp unseres Reiseführers, wo man ein Buffet mit allen keralischen Leckereien probieren konnte. Eigentlich sind wir nach Ernakulam um bissle zu shoppen, doch die meisten Geschäfte waren Gold-Juweliere und Sari-Läden. Nicht ganz das was wir suchen, ausserdem war es unglaublich heiss. Kathakali ist ein uraltes Tanzdrama, in dem pantomimisch dargestellt, das Weltliche in das Reich der Götter übertragen wird. Für uns sehr hilfreich war, dass wir ein Tag zuvor die Geschichte übersetzt haben, ansonsten ist es doch ehr schwierig für einen Laien zu erkennen, was die kunstvoll geschminkten Darsteller einem vermitteln wollen. Interessant war es allemal.
Ein weiteres “must-do“ in Kerala ist eine Backwater-Tour auf einem Reisboot. Die Backwaters sind ein ca. 75 km langes Labyrinth aus Seen, Kanälen, Flüssen, Bächen, die gesäumt sind durch eine dichte tropische Vegetation. Man gleitet mit dem Stocherkahn nahezu lautlos durch diese verwinkelten Wasserstrassen, angetrieben von einem alten indischen Gondoliere. So sind wir den ganzen Tag durch die Kanäle geschippert und da es uns abends mal wieder nach einem Hopfengetränk war, haben wir die ansässige Bar aufgesucht. Alkohol trinken ist je nach Bundesstaat in Indien nicht so üblich wie bei uns. In Kerala bekommt man nur in bestimmten Bars oder Regierungsläden Bier & Co. zu kaufen. Inder trinken auch nur Alkohol um betrunken zu werden und nicht zum Genuss, weshalb es hier auch sehr viele nicht wirklich gut schmeckende Starkbiere gibt. Die Bar ist ein ziemlich schummrig beleuchteter Raum, in dem hauptsächlich nur Männer sitzen, wenn Frauen, dann nur Weisse, und in dem man das Gefühl hat, gerade etwas Verbotenes zu tun. Hier haben wir dann auch gleich die Truppe von unserer Backwater-Tour wieder getroffen, und es entstand ein feucht-fröhlicher Abend.
In manchen Gebieten Indiens wird der Strom reglementiert, so wird beispielsweise in Cochin Quartierswiese der Strom morgens und abends für eine halbe Stunde abgestellt. So kamen wir öfters in den Genuss eines unfreiwilligen Candle-Light-Dinners. Vielleicht erweckt es den Anschein, dass wir nur am Essen sind. Nicht ganz zu Unrecht, da dies auf jeden Fall immer ein Erlebnis und Highlight des Tages ist. Seit wir in Indien sind, gab es nicht ein Gericht, das uns nicht geschmeckt hätte und es ist immer wieder erstaunlich welche gigantischen Geschmäcker man hinbekommen kann, ohne das “Gewürz“ Fleisch zu verwenden! Um zu erlernen, wie man diese Köstlichkeiten kocht, haben wir bei unserer Gastmutter einen Kochkurs gemacht. Zusammen mit ihr, ging es zunächst zum lokalen Gemüsehändler, bevor wir uns gemeinsam an die Zubereitung gemacht und anschliessend auf der Dachterrasse bei Kerzenschein unsere Leckereien verzehrt haben. Diesmal sind wir früh ins Bett, denn am nächsten Morgen ging’s los zu unserem 5-tägigen Ausflug nach Varkala.
>>> Bericht Varkala
Zurück von unserem Ausflug wurde Doris abends von Priya eingeladen sie zur Mother Mary Tour zu begleiten. In Indien leben über eine Milliarde Menschen – 2 Millionen davon sind Christen und die meisten leben im Bundesstaat Kerala in dem wir uns gerade befinden.
Bei der Haussegnung wird eine Marienstatue in einer Prozession von singenden Indern von Haus zu Haus getragen um den Bewohnern Glück und Schutz zu bringen. Hierbei wurde Doris gleich mit der ganzen Nachbarschaft bekannt gemacht.
Das traditionelle Beinkleid der Männer in Indien ist der Mundu oder der Longyi. Während der Longyi farbig, bunt und gemustert ist und zu Hause getragen wird, ist der Mundu weiss mit seitlichen Bordüren in Farbe oder in Gold und wird auf der Strasse oder zu traditionellen Anlässen getragen. Da so ein “Männerrock“ gar nicht so schlecht aussieht, und da Joga sich überlegte einen zu kaufen durfte er erst mal von Jaison einen anprobieren, und hat von Priya auch gleich noch die Wickel- und Wascheinweisung bekommen.
Ohje, und dann wurde ich wieder ein Jahr älter! Dies sind Tage auf einer Reise, wo einem besonders die Familie und Freunde fehlen, doch diesen werde ich als einen sehr schönen Geburtstag in Erinnerung behalten. Kurz nach dem Aufwachen wurde ich von meinem Schatz bereits reichlich beschenkt, mit einem Türkisanhänger und einer Ayurveda Massage. Zum Frühstück gab’s indische Pfannenkuchen mit Nutella -Füllung und zum Mittagessen hat Priya für uns ein keralisches Menü gekocht. Und dann war es auch schon Zeit für meinen Massage-Termin. Joga mich zum Ayurveda-Center gebracht, wo ich von zwei Masseusen in Empfang genommen wurde und mich dann erst mal nackig machen durfte für meine Ganzkörper-Ölmassage, die unglaublich entspannend war. Völlig relaxed war es anschliessend Zeit für einen Mittagschlaf. Abends wurde ich dann mit einem Geburtstagskuchen, eine indische Schwarzwälder Kirschtorte, selbstgemalten Glückwunschkarten der beiden Mädels und einem deutschen Geburtstagsständchen (siehe Videos) überrascht. Dabei musste ich mich in die Mitte des Wohnzimmers setzen und wurde zur Tagesprinzessin ernannt, indem mir ein Krönchen auf den Kopf gesetzt wurde. In Indien ist es wohl Brauch, dass das Geburtstagskind den Kuchen anschneidet und mit dem ersten Stück seinen Partner füttert. Ich hab ausversehen das erste Stück Kuchen dem falschen Mann gebracht. Nachdem das kleine Missverständnis geklärt war, wurde ich von Joga gefüttert und wir durften uns “offiziell“ küssen, etwas was in Indien in der Öffentlichkeit als sexuelle Handlung angesehen wird. Als Abschluss des Tages sind wir dann noch alle zusammen zu einem Restaurant zum Essen.
Die weiteren Tag vergingen wie im Fluge, und wie haben uns bei der Familie mittlerweile fast wie zu Hause gefühlt. Wenn die Eltern mal ein paar Stunden unterwegs waren wurde ich kurzer Hand zur Homestay-Managerin erklärt. Wir haben mit den zwei Kids Scrabbles gespielt, abends mit Priya & Jaison im Wohnzimmer geplaudert und ihnen Bilder von unseren Wohnungen, vom Winter, usw. gezeigt und ihnen erklärt wie eine Zentralheizung funktioniert, und als die Kinder über Nacht bei den Grosseltern waren, und Priya & Jaison die Gelegenheit nutzten um mal auf die Gass zu gehen, hatten wir quasi Sturmfrei und haben uns einen gemütlichen Sofaabend vor dem Fernseher gemacht.
Nach über drei Wochen in Cochin statt geplanten 3 Tagen wurde es langsam Zeit weiterzureisen. Da alle Züge nach Madurai, für die nächsten zwei Wochen ausgebucht waren, haben wir uns einen Nachtbus gebucht. Nach einer unglaublich herzlichen Verabschiedung, viel es uns echt schwer “good bye“ zu Priya, Jason, Namitha und Nikitha zu sagen.
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