Jaisalmer
17. August 2013Die meisten der Touristen kommen nach Jaisalmer, um von dort aus eine Safari in die Wüste zu unternehmen, weswegen Heerscharen von TukTuk-Fahrer und Schlepper auf neue Kundschaft warten. Da Bablus bester Freund Manager im Desert-Hotel in Jaisalmer ist, hatte er uns dort ein Zimmer mit Abholservice organisiert, so dass wir uns den ganzen Ärger ersparen konnten. Nach einem Frühstück haben wir uns durch die schmalen und verwinkelten Gassen der Stadt treiben lassen und sofort festgestellt, dass diese Stadt viel zu schön und speziell ist, um nur für eine Safari hierherzukommen. Da Jaisalmer mitten in der Wüste Thar erbaut ist, bestehen alle Häuser aus Sandstein, was der Stadt eine wunderschöne goldgelbe Färbung verleiht. Um sich vor der Hitze zu schützen, die Temperaturen können im Sommer schon mal die 50 Grad erreichen, wurden sogenannte Havelis erbaut. Havelis sind Handelshäuser mit einem kleinen Innenhof, die so konstruiert sind, dass es nie wärmer wie 30 Grad wird. Die meisten der Fassaden sind mit unglaublich filigranen, und aufwändigen Steingittern verziert, die ursprünglich dazu dienten die Frauen vor fremden Blicken zu schützen. Einiger der alten Havelis können heutzutage besichtigt werden, eines davon wurde in ein Museum umgebaut und lässt erahnen, in welchem Reichtum frühere Handelsleute gelebt haben. Die Fortanlage an sich mit ihren dicken Schutzmauern sieht von weitem aus wie eine überdimensionale Sandburg.
Auch wir wollten uns eine Kamelsafari in die Wüste mit Übernachtung unterm Sternenhimmel nicht entgehen lassen. Für das perfekte Outfit gab es für Joga noch ein leichtes Baumwoll-Hemd und einen knallroten Turban, so dass es am nächsten Morgen losgehen konnte. Zunächst fuhren wir mit dem Jeep ca. 60km in die Wüste, da sich mittlerweile rund um Jaisalmer die Touristen auf den Füssen rumtreten und man wohl mehr menschliche Kamele als tierische Kamele vor der Kameralinse hat. Uns wurde garantiert, dass wir in den nächsten 2 Tagen keine anderen Touristen sehen werden – und so war es auch. In der Wüste hat Jonny unser Guide bereits mit den Kamelen auf uns gewartet. Und dann ging‘s ab auf die Höckertiere. AUUUAAHH, zum einen sind die Viecher ganz schön hoch und zum anderen auch noch super wackelig und alles andere als komfortabel oder bequem. Bereits nach 10 Minuten hatten wir ziemliche Hinternschmerzen und nach einer halben Stunde war einfach nur noch alles taub, aber Spass macht es trotzdem. Bei einem Wüstendorf aus dem Jonny kommt haben wir einen kurzen Stopp gemacht und unsere Kamele aufgetankt und dann ging es weiter zu unserem Mittagspausenplätzchen. Einem über 100 Jahre alten total verknortzen Baum mit einem dichten Blätterdach, unter dem wir die nächsten drei Stunden Schutz vor der Mittagshitze suchten. Da es heute zu windig ist, konnte nicht auf offenem Feuer gekocht werden, aber als Wüstenbewohner wussten sich Jonny und sein Freund zu helfen und haben mal kurzerhand ein Erdloch gegraben, darin ein Feuerchen gemacht und den Topf oben draufgestellt. Und so wurden wir mit stärkendem Chai, Pakoras, mix. VegCurry und Chapattis verköstigt und da Wasser ja bekanntlich rar in der Wüste ist, wurde das ganze Blechgeschirr anschliessend mit Sand gespült. Gestärkt und ausgeruht ging es weiter mit unseren Kamelen durch die karge Landschaft vorbei an einem Wüstenfuchs und ein paar Springantilopen bis zu unserem Übernachtungsplätzchen inmitten von Sanddünen. Während die Jungs schon wieder für unser Leibliches Wohl sorgten konnten wir wunderschöne Landschaft und den glutroten Sonnenuntergang geniessen.
Mittags hatten wir eine Unterhaltung über Fleisch, woraufhin Jonny meinte, wenn wir heute Abend Ziegen-Curry essen wollen, kann er uns frisches Ziegenfleisch aus einem der Dörfer hier organisieren, ausserdem seien die Ziegen hier sehr schmackhaft. Wieso nicht – Fleisch hatten wir seit langem nicht mehr. Und selbst auf gekühltes Bier mussten wir inmitten der Wüste nicht verzichten, das uns zusammen mit dem Fleisch mit dem „Kameltaxi“ geliefert wurde. Nach einem superleckeren Essen – das Fleisch und die Zubereitungsart war wirklich fantastisch – haben sich die anderen Safariteilnehmer, ein etwas wortkarger Schotte und ein bis obenhin zugekifftes spanisches Pärchen jeweils ein Plätzchen in den Dünen gesucht, während wir noch mit Jonny und seinem Freund zusammen sassen. Auf einmal schnappten sich Jonny eine der grossen 20l Wasserflaschen, die leer war und sein Freund ein Blechteller. Und dann fingen beide an, rajasthanische Wüstenliebeslieder zu singen, begleitet mit dem Trommeln auf den Küchenutensilien, das ganze direkt unter einem traumhaften Sternenhimmel, die Milchstrasse direkt über einem. Einer der Momente im Leben, in dem nichts hätte besser sein können.
Mit Blick ins Sternenzelt gerichtet sind wir eingeschlafen und mit erwachen der Wüste und aufgehender Sonne am nächsten Morgen erwacht. Kurz darauf hat uns Jonny sogar noch einen heissen Chai ans “Bett“ gebracht, der schon wieder am werkeln war – was ein Service. Nach einem Frühstück haben wir unsere Kamele gesattelt und sind zurück ins Dorf geritten, von wo aus wir mit dem Jeep abgeholt und zurück nach Jaisalmer gefahren wurden.
Innerhalb der Fortanlage gibt es einen sehr schönen Jain-Tempelkomplex bestehend aus 5 Tempeln, die zu bestimmten Uhrzeiten von Touristen besichtigt werden können. Normalerweise geniessen wir den Besuch von Tempeln in Indien, doch dieser war ehr ein Ärgernis. Zum einen das ignorante Auftreten von einem Grossteil der Touristen, in Miniröckchen, Spaghettiträger-Tops, Leder-Handtaschen / Gürtel (siehe Udaipur-Bericht –Ranakpur) aber dabei immer schön die Socken anbehalten. Aber was noch viel schlimmer war, waren die Tempelwächter, die es normalerweise in jedem Tempel gibt und die sich ganz dem Glauben widmen und materiellen Dingen entsagen. Nicht diese – so konnten wir beobachten, wie das meiste der Opfergelder in deren eigener Tasche verschwand anstatt in den aufgestellten Donation-Boxen und auch noch die meisten Touristen von den Typen dazu gedrängt wurden zu spenden. Nachdem der angebliche “holly man“ bemerkte, dass er unter Beobachtung von uns ist und Joga ein paar Bilder von ihm machte, wurde er ziemlich nervös und meinte, wir sollen uns doch die anderen Tempel anschauen. Nö nö, wir beobachten dich lieber noch ein bisschen! Zum Schluss gab es mit dem zweiten “holly man“ noch eine recht hitzige Diskussion über Glauben und das Verhalten in Tempeln, was wohl der ein oder andere Besucher mitbekam und hoffentlich auch zum Nachdenken angeregt hat.
Dank dieser “Doof-Touristen“ ist es auch echt schwierig und anstrengend in Jaisalmer den richtigen Preis für Sachen zu bekommen, obwohl auf vielen Artikeln ein maximaler Verkaufspreis aufgedruckt ist. So wollte der Rum-Verkäufer 50Rs mehr, der Mückenschutzmann 10Rs mehr, der Orangen-Verkäufer gleich mal den 5fachen Preis für 2 Orangen. Oftmals handelt es sich hierbei nur um Cent Beträge, doch würde kein Inder diesen Mehrpreis bezahlen und auch wir sind nach nun 7 Monaten nicht bereit den “White Skin“-Aufpreis uns Gefallen zu lassen. Zum Glück gibt es in Indien aber so viele Menschen und kleine Shops, dass man, zwar mit etwas Aufwand verbunden, auch in Hochtouristenburgen noch ehrliche Menschen findet.
Und von diesen Menschen hatten wir in unserem Hotel Sawai den Hotelmanager, Raju unseren Hotelkoch und Pai der Chapatti-Junge, der nun mein pakistanischer Bruder ist, da er es total schlimm fand, dass ich keine Geschwister hab. So wurden die drei tatsächlich sehr schnell fast so etwas wie Familie für uns. Raju hat mich immer in die Kochtöpfe spicken lassen und mir seine leckeren Rezepte verraten. Als dann der Tag der Abreise kam, viel der Abschied echt schwer und die drei wollten uns gar nicht gehen lassen.
Mit unserer letzten Zugfahrt ging es nach Delhi. Die Stadt ist zwar immer noch schrecklich, aber bei angenehmen Temperaturen sogar einigermassen ertragbar. Nochmal ein 12,65kg schweres Päckchen auf die Post gebracht und unseren letzten Abend in Indien in einer Bierbar ausklingen lassen, bevor wir am nächsten Morgen zu unserem letzten Reiseziel nach Sri Lanka aufbrachen.
INDIEN:
Wer sich einlässt wird reich beschenkt,
wer nicht – kommt arm und gestresst nach Hause.