Jodhpur
9. August 2013Nach 9 Stunden Busfahrt inklusive einer Bus Panne, da wohl die Bremsen nicht mehr funktioniert haben und wir in einen Ersatzbus umsteigen mussten, sind wir endlich in Jodhpur angekommen. In Udaipur bekamen wir einen Tipp für eine Unterkunft. Das schnuckelige kleine Guesthouse mit 4 Zimmern entpuppte sich eher als Homestay mit Familienanschluss, da man beim Kommen und Gehen immer durch die Küche laufen musste. Diese war der Dreh- und Angelpunkt, wo ständig was gekocht wurde oder auch einfach die Familie auf dem Boden rumlag und ein Schläfchen gehalten hatte. Abends auf der Suche nach einem Restaurant wurden wir von einem netten Inder angesprochen, der uns ein Lokal-Restaurant empfahl und meinte, wenn wir einen Weissen dort sehen, übernimmt er unsere Rechnung. Wir waren noch weitere 3x dort essen und trotz dass die Stadt voll mit Touristen ist, in diesen Geheimtipp hat sich keiner verirrt.
Jodhpur ist wegen der Farbe ihrer Häuser auch bekannt als die „Blaue Stadt“. Traditionell kennzeichnete die Farbe Blau die Zugehörigkeit der Bewohner zur Kaste der Brahmanen, allerdings haben heute auch Nicht-Brahmanen diesen Brauch übernommen. Man sagt der Farbe nach, dass sie ein effektives Mittel zur Abwehr von Moskitos sei. Die Stadt wird überragt von dem mächtigen und imposanten Meherangarh Fort, welches auf einem Felsen steht. Dieses ist umgeben von einer 10 km langen Mauer mit acht Toren.
Bei unserem Stadtrundgang durch die Stadt sind wir durch die verwinkelten Gassen geschlendert den Blick immer auf das hoch oben thronende Fort gerichtet, also Orientierungspunkt. Sonst kann man sich in dem Häusergewirr auch ganz schnell verirren. Auf dem Rückweg hatten wir einen Tee am wohl dreckigsten Chai-Stand ever! Der Tisch aussen war schon halb zusammen gebrochen, doch anstatt diesen zu reparieren wurde unter den Gaskocher einfach eine Steinplatte gelegt, um die schiefe Tischplatte auszugleichen. Die Patina oder vielleicht eher der Teekomposthaufen war an manchen Stellen über 10cm dick und für Kannen und Töpfe haben sich bereits spezielle Mulden gebildet. Der Chai war trotzdem gut, wobei der Stand seine Einkünfte wohl eher mit illegalen Geld oder Wettgeschäften verdient hat, anstatt mit Tee verkaufen. Ständig kamen Männer die kleine handgeschriebene Zettel gegen Geld oder andersrum getauscht haben. Da Jodhpur auch bekannt ist für seine Gewürze, haben wir uns mal wieder mit einigen eingedeckt und waren hier in einem Laden in dem angeblich sogar Alfons Schubeck einkauft. Nach einem kurzen Ausflug mit dem TukTuk zum Agrarmarkt um Samen zu kaufen sind wir nach unserem Stadtrundgang wieder zurück ins Guesthouse.
Unser Guesthouse-Besitzer hat irgendwie Beziehungen zu einem bekannten Bollywood-Regisseur, und so meinte er wir sollen noch 2 Tage bleiben und dann können wir als Statisten in einem Film mitspielen. Wir haben das öfters von Reisenden schon gehört und hatten da voll Lust drauf. Ausserdem gibt es pro Drehtag alles Essen & Trinken um sonst sowie eine Gage von 1400 Rupies pro Person (ca. 18 Euro). Zum Vergleich – wir benötigen in Indien inkl. allem ca. 1000 Rupies pro Tag. Nachdem wir zugestimmt hatten hiess es das der Regisseur heute Abend im Guesthouse vorbei kommt, vorab sollten wir ihm noch ein paar “Casting“-Bilder von uns zumailen. Irgendwie haben wir ihm wohl nicht gefallen, oder wir sehen nicht typisch Wessi-mässig aus – auf jeden Fall wurde aus dem Dreh dann doch nichts – Leider!
Eigentlich wollten wir für heute eine Enfield ausleihen, um etwas die Gegend zu erkunden, da in der Umgebung viele indigene Bishnoi-Dörfer liegen – doch irgendwie sind wir beide gerade etwas Reisemüde und uns ist der Endeckerdrang abhandengekommen. Dafür hab ich neue Bewohner dazubekommen – und zwar auf meinem Kopf. LÄUSE! Die haben bisher noch auf meiner Liste der unliebsamen Tierchen gefehlt. Und so hab ich jetzt täglich zwei Entlausungssitzungen, wobei Joga bei der ersten Haardurchforstung ca. 80 Tierchen mit der Pinzette zerquetscht hat.
DER WÜRFEL IST GEFALLEN!
Auf Grund der wie bereits erwähnten steigenden Reisemüdigkeit und dem fehlenden Entdeckerdrang waren wir nicht mehr sicher wie wir weiterreisen sollen. Der eigentliche Plan war es von Indien aus nach Dubai zu fliegen, von dort mit der Fähre in den Iran überzusetzten und bis in die Türkei auf dem Landweg nach Europa zurück zu reisen. Alle Visum-Formalitäten waren bereits mit der Botschaft und mit Visa-Agenturen abgeklärt … doch dann kamen die Zweifel! Sollen wir es machen, oder doch gleich nach Hause fliegen, sollen wir vorher noch nach Goa an den Strand oder doch noch nach Sri Lanka. Also musste mal wieder das Los bzw. der Würfel entscheiden. UNNNND … wir gehen nach Sri Lanka!
Und somit haben wir auch unseren Heimflug nach Deutschland bereits gebucht und werden am 15. September 2013 nach genau zwei Jahren morgens in Frankfurt landen. Unseren Anschlusszug haben wir auch schon und so endet die Reise genau dort wo sie angefangen hat – am Hauptbahnhof in Stuttgart. Geplante Ankunft: ICE 573 – 12:35 Uhr
Nach vielem hin und her haben wir es dann am letzten Tag tatsächlich geschafft die Hauptattraktion – das Meherangarh Fort zu besichtigen. Dieses majestätische Fort macht seinem Namen all Ehre. Es steht auf einem 125 m hohen Fels und gehört zu den beeindruckendsten des mit Forts reichlich bestückten Staates Rajasthan. Innerhalb des Forts, das noch immer dem Maharadscha von Jodhpur gehört und in dem er auch noch lebt, gibt es eine ganze Reihe von Innenhöfen und Palästen. Am südlichen Ende des Forts sind auf dem Schutzwall alte Kanonen zu sehen. Hier fällt der Hügel steil ab und bietet einen schönen Blick auf die Altstadt.
Nach vier Tagen sind wir mit dem Nachtzug weiter nach Jaisalmer. Der komplette Bahnhofsvorplatz und die Wartehalle sahen wie ein Lazarett aus, da die Menschen dicht gedrängt auf dem Boden lagen und schliefen. Die einen wohl um auf ihren Zug zu warten, die meisten jedoch weil es hier so ein geselliges Plätzchen ist und man nicht vertrieben wird.
Hullala, heimkommen… seid ihr euch sicher? Von Stuttgart aus gehen übrigens auch Züge nach Lindau 😉
Ich wünsche euch noch wunderschöne Wochen bis dahin!
Liebe Grüße,
Heiner.