Es ist nicht alles Gold was glänzt
9. Mai 2013Das Land der Goldenen Pagoden, der freundlichen Menschen und einem unberührten Land, in dem es noch etwas zu entdecken gibt. Mit diesen Erwartungen sind wir nach Myanmar gereist, um es noch so ursprünglich wie möglich zu erleben, da die Anzahl der Touristen jährlich steigt. Doch von Unberührtheit ist leider nicht mehr so viel zu spüren, da bereits 2012 über eine Million das Land bereisten.
Dies hat auch zur Folge, dass viele Preise explosionsartig anstiegen. So ist es schwierig, ein einfaches Hotelzimmer zu zweit unter 20$ zu finden, was für südostasiatische Verhältnisse recht hoch ist. Ebenso dürfen wir auch nur in Hotels schlafen, die staatlich registriert sind und über eine Ausländer-Lizenz verfügen. Private Übernachtungen sind streng verboten und würden die Einheimischen in grosse Schwierigkeiten bringen. Auch steigen die Eintrittspreise für Ausländer immer weiter. Bezahlt werden können diese oftmals nur in Dollar, sowie auch die Unterkünfte, wobei die Geldnoten keinen Knick, Riss oder sonstigen Defekt aufweisen dürfen, da sie ansonsten schlichtweg nicht akzeptiert werden. Während unseres Aufenthaltes gab es erste Geldautomaten, auf die man sich aber nicht unbedingt verlassen sollte und auch nur Kyat ausspucken.
Auch wenn sich langsam die Grenzen öffnen und die Regierung Myanmars sich für einen nachhaltigen Tourismus einsetzen möchte, haben wir das Gefühl, dass eher eine zwei Klassen Gesellschaft generiert wird, und der gutzahlende Pauschaltourist, der entsprechend viel Geld im Land lässt und in seiner heilen, mit Scheuklappen begrenzten Welt durchs Land reist, gefördert wird, als der Individualtourist, der oftmals mit dem Wort „Nachhaltigkeit“ mehr anfangen kann. Man muss bedenken, dass das durchschnittliche Monatseinkommen in Myanmar bei etwas über 100$ liegt, wofür man in vielen der neuen Luxusherbergen noch nicht einmal eine Nacht bekommt.
Leider mussten wir beobachten, wie sich das Land, bzw. die Menschen anfangen zu verändern, was auch verständlich ist. So wurden die Menschen von der Regierung jahrzehntelang von der Aussenwelt isoliert, hatten keinen Zugang zu freien Medien, Fernsehen oder gar Internet und sehen sich nun westlichem Verhalten und Gebaren konfrontiert.
Als Gast in diesem Land, ist es uns selbst bitter aufgestossen, wie viele arrogante und ignorante Touristen zu sehen sind, die mit ihren „auf sie persönlich zugeschnittenen“ Pauschaltouren durch dieses unglaublich schöne und mit Kulturgegenständen gefüllte Land rauschen. So war es auch erschreckend, dass fast 80% der Frauen, Pagoden und Tempel mit kurzen Hosen und Trägershirts besichtigen, obwohl unmissverständliche Schilder einen darum bitten, sich entsprechend zu bedecken. Eigentlich sollte es jedem klar sein, das religiöse Orte, egal wo auf der Welt nur mit entsprechender Kleidung zu betreten sind und somit keine Schilder notwendig sein müssten. Noch dazu waren es leider meistens ältere, wohlhabend aussehende Weisse, die der Menschheit sowieso einen Gefallen tun würden, ihre Mallorca-Fahnen (Bezeichnung für herunterhängende Hauptschichten an den Oberarmen) und Orangenhaut zu verdecken. Auch wenn Myanmar immer noch zu den ärmsten Ländern dieser Welt gehört, legen die Burmesen Wert auf ein gepflegtes Äusseres und einer dieser wunderschönen Wickelröcke bekommt man bereits für weniger als 3€.
So war es uns auch noch möglich in Mandalay einen Scooter auszuleihen, wenn auch mit einigem Aufwand verbunden und nicht ganz legal, während es am Inlay Lake mittlerweile komplett verboten ist und jede Chance ein motorisiertes Zweirad auszuleihen, von der Regierung zu Nichte gemacht wurde – was im Januar diesen Jahres noch möglich war, wie wir von anderen Reisenden erfahren haben.
Über Politik spricht man in Burma, wenn überhaupt, nur hinter vorgehaltener Hand. So hat uns ein Burmese ganz stolz erklärt, dass er Anhänger der NLD-Partei ist (NLD – National League for Democracy), bei der die Politikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Vorsitzende war, bis sie von der Militärregierung zu 15 Jahre Hausarrest verurteilt wurde. In allen Reiseführern wird noch davor gewarnt, politische Gespräche anzufangen, auch wenn sich das Land momentan im Wandel befindet. Allerdings sitzen noch immer mehrere hundert politische Gefangene in Haft.
Wenn man von Myanmar spricht, werden in diesem Kontext oft die freundlichen Menschen erwähnt. Direkt aus Deutschland kommend, mag man dies so wahrnehmen. Doch denken wir, dass wir mittlerweile eine gewisse Sensibilität entwickelt haben und spüren die dahinter verborgene Zurückhaltung und zum Teil auch immer noch vorhandene Angst vor der Regierung. Sollte irgendetwas passieren, wird in der Regel nicht der Ausländer bestrafft, sondern immer der Einheimische.
Es ist sehr schade, dass man auch noch immer grosse Teile des Landes nicht bereisen kann. Was wir nie ganz rausbekommen konnten, ist es auf Grund des Schutzes der Touristen, oder der Einheimischen vor den Touristen, was wir wiederrum verstehen könnten, wenn man die oben erwähnten Aspekte betrachtet. In manchen Regionen kommt es noch zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Volksstämmen und Minderheiten. Auf Grund der aktuell noch festgelegten Reiserouten und Strassen auf denen sich Touristen bewegen dürfen wird man als Besucher wohl behütet, und deshalb ist Myanmar für uns eher ein Urlaubsland als ein Reiseland.
Myanmar ist ein Land der Gegensätze; heisse staubige Ebenen in Bagan – saftig grüne Berglandschaft am Inlay Lake; gelöster Buddhismus im Gegensatz zu jahrzehntelanger menschenverachtender Militärdiktatur; mit dicken Goldschickten überzogene Pagoden zu bitterer Armut. Das Land ist voller Wiedersprüche und doch voll Faszination und wir hoffen sehr für die Bevölkerung, dass sie den richtigen Weg einschlagen und einer guten Zukunft entgegenblicken und sich dabei ein Teil ihrer Ursprünglichkeit bewahren können.
Das grösste Glück das Myanmar bisher noch hat ist sein Ruf. Wenn aus dem Besonderen in ein paar Jahren etwas Normales geworden ist, wird die Blase platzen und das Land wird touristisch gesehen ganz schnell hinter all die anderen südostasiatischen Staaten zurückfallen.
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