Puducherry & Mamallapuram
26. November 2012Wenn es etwas in Indien gibt, was uns stört, dann sind es TukTuk-Fahrer, besonders solche, die vor Bahnhöfen auf weisse Kundschaft lauern. Meist handelt es sich hierbei um eine Mafia, die von den Touristen zum Teil den 5-fachen Preise verlangen. Kaum sind wir in Pondi, wie Puducherry auch liebevoll genannt wird, mit dem Bus angekommen, waren wir umringt von selbigen. Läuft man etwas weg vom Bahnhofsgebäude, kann man in der Regel bei den dort wartenden Tuk Tuks den normalen Preis aushandeln. Doch dafür mussten wir erst einmal die 8 Schlepper, die wie eine Traube an uns hingen abschütteln. Letztendlich haben wir es dann doch mit einem netten Fahrer zu einem fairen Preis zu unserer Unterkunft geschafft. Ein blaues Haus mit quitschebunter Einrichtung, das von einer total quirligen Belgierin geführt wird, die einen absoluten Pink Fimmel hat (da fühl ich mich doch gleich wie zu Hause, schliesslich hatte ich auch mal ein rosa Schlafzimmer ;-)) Pondi ist eine ehemalige französische Enklave, wo es Cafés gibt und Bäckereien, die Baguettes und Croissants (und auch Brezeln!!!) verkaufen, Inder auf der Strasse die französisch sprechen, und in der UNESCO-geschützen Altstadt hupen verboten ist … was für ein Segen! Zudem hatte die Unterkunft eine Küche und ein schön eingerichtetes “Wohnzimmer“ mit grossem Esstisch! Und so haben wir trotz des leckeren indischen Essen öfter die Gelegenheit genutzt um uns Salat, Rührei, usw. zu machen. Auch konnten wir hier im etwas zivilisierteren Pondi die Fotos vom Blumen- und Gemüsemarkt in Madurai entwickeln lassen und auf die Post bringen.
Auf dem Weg zum sonntäglichen Strassenmarkt in der MG Road sind wir mal wieder an ziemlich vielen Kühen vorbeigekommen, die in Indien immer und überall rumstehen. Die eine hat wohl gemerkt, dass ich sie sehr lecker finde – die sah aber auch zum Anbeissen aus – und hat mir anständig eins mit ihren Hörnern in die Magengegend verpasst. Auf dem Markt war die Hölle los, jeder Quadratzentimeter war hoffnungslos überfüllt. Auf Grund des morgigen Diwalis waren alle Inder im Kaufrausch. Diwali ist der höchste Feiertag der Hindus und zu vergleichen mit unserem Weihnachten und Sylvester zusammen. Hierfür wird die Familie einmal neu eingekleidet. Von der Oma bis zum Säugling gibt es neue Kleider und traumhafte Saris in den fantastischsten Farben. An Diwali selber ist es am besten, nicht vor die Tür zu gehen, da den ganzen Tag und Nacht, ohne Unterbrechung Feuerwerk gezündet wird, mit Vorliebe alles, was schön laut ist. So sind die indischen Judenfürze (darf man das überhaupt noch sagen?) ca. 10cm lang und entsprechend laut, gefühlt erreichen sie einen Dezibel Wert, der einen ertauben lässt. Abends mussten wir dann doch vor die Tür, um uns was Essbares zu besorgen. Von unserem Strassenrestaurant aus, konnten wir beobachten, wie eine 20m lange Judenfurzkette ausgerollt wurde und dann auch gezündet! Eine gigantische Feuerwalze mit Saulärm, wir dachten echt, wir sind im Krieg.
In der Nähe von Puducherry liegt Auroville, eine auf dem Reisebrett geplante Stadt, die von oben betrachtet die Form eines galaktischen Spiralnebels hat. Ein Traum der französischen Philosophin Mirra Alfassa, auch die “Mutter“ genannt war folgender: „Es sollte irgendwo auf der Erde einen Platz geben, an dem die spirituellen Bedürfnisse und die Sorge um geistigen Fortschritt wichtiger sind als die Befriedigung der Bedürfnisse und Leidenschaften, wichtiger als die Suche nach Vergnügen und materiellem Genuss.“ Dieser Traum wurde Wirklichkeit und 1968 der Grundstein für einen für 50.000 Menschen geplanten Lebensraum gelegt. Momentan leben ca. 2.200 Menschen aus 44 Nationen in Auroville. Um diesen Ort zu besichtigen hatten wir uns einen Roller ausgeliehen und sind durch die recht ruhige Gegend mit ihren verteilten Kommunen gefahren. Das Herzstück Aurovilles ist Matrimandir, eine gigantische goldene Kugel, an der über 30 Jahre gebaut wurde und die zur Meditation der Aurovillianer dient und somit leider uns nicht gestattet war zu betreten.
Da es die Inder noch nicht so mit dem Internet haben, wir Euch ja aber weiterhin mit Infos versorgen wollen, haben wir keine Mühen gescheut, um in den Besitz eines 3G-Datensticks zu kommen. Eigentlich sollte dies ganz einfach sein. Wir sind mit einer Passkopie, einem Passbild und uns zweien in einen Mobilfunkladen, und haben diesen nach einer halben Stunde mit unserem neuen 3G-USB-Stick wieder verlassen, der innerhalb der nächsten 24h aktiviert werden sollte. Die Inder sind zwar nett, doch nach 2 Tagen sind wir noch nicht im Internet! Also zum Mobilfunkladen, wo wir einen neuen Vertrag ausfüllen mussten, da sich anscheinend vor einer Woche landesweit die Vertragsbedingungen geändert haben. Also nochmal 24h warten, unter anderem auch auf einen Identifikationsanruf auf unserem Handy, das wir auch wir sind. Die Inder sind zwar nett, doch nach 2 weiteren Tagen sind wir immer noch nicht im Internet! Ein weiteres Mal zum Mobilfunkladen, wo die Angabe einer lokalen indischen Adresse in unserem Vertrag gefehlt hat. Nach der Angabe unseres Guesthouses müsste nun nichts mehr im Wege stehen, wir uns nur noch telefonisch identifizieren und wir wären theoretisch drin, ja wenn sich denn dann mal einer bei uns melden würde. Nach nun mittlerweile 8 Tagen, 5 Mobilfunkshop-Besuchen, keiner Identifikation und keiner Internetverbindung haben sich schliesslich 5 Mitarbeiter, inklusive des Regionalleiters um unser Problem gekümmert. Nach 1 1/2 Stunden Recherche kam einer der Mitarbeiter auf uns zu, wir hätten ihnen eine falsche Handynummer angegeben, deswegen wäre die Identifikation gescheitert. Wie sich herausstellen sollte, haben die Flachpfeifen vergessen eine Null vorzuwählen, die wir aber mitangeben hatten, da wir eine Handynummer aus einem anderen Bundesstaat haben. Einer der Mitarbeiter meinte daraufhin sehr treffend „India has got Zero Problems“. So nun müsste es aber wirklich langsam mal tun, denn wir wollen heute weiterreisen. … to be continued.
Eigentlich sind wir nach Puducherry gekommen, um eine Royal Enfield zu kaufen, da in unserem Reiseführer geschrieben steht, dass dafür hier der beste und günstigste Ort in Indien wären. Unsere Suche war jedoch erfolglos und die Auswahl = Null so sind wir ohne eigenen fahrbaren Untersatz mit dem Bus weiter nach Mamallapuram gereist.
Von Mamallapuram bzw. Chennai aus, wollten wir mit dem Zug weiter nach Mettupalayam. Da täglich 22 Millionen Menschen die Eisenbahn benutzen, sind die Züge immer hoffnungslos überfüllt und es ist eine Wissenschaft für sich, Tickets zu buchen. Es gibt WL – Wartelistentickets, RAC – Reservation against cancellation-Tickets, mit denen man den Zug betreten darf, aber noch keinen Sitz-, bzw. Schlafplatz hat und dann gibt es unter anderem noch Tatkal-Tickets, sogenannte Notfalltickets. In allen Zügen Indiens werden 10% der Tickets zurückgehalten und erst einen Tag vor Abfahrt verkauft. Und hierfür heisst es Schlange stehen. Punkt 10 Uhr werden jeden Tag landesweit an allen Bahnhöfen die Schalter für den Tatkalverkauf geöffnet. Dabei ist entscheidend, wie weit vorne man in der Schlange steht. Wir waren bereits um 8 Uhr dort und waren 14 Minuten nach 10Uhr stolze Besitzer eines Zugtickets.
Mittlerweile 150km nördlich von Puducherry, hatten wir eigentlich das Versprechen, dass unser Datenstick funktionieren sollte. Nach dem nicht so war haben wir die erste “böse“ SMS an einen der Shop-Mitarbeiter geschickt! Antwort: „Wie der tut immer noch nicht? Kann nicht sein! Ich kümmer mich drum! OK – Wir bekommen in den nächsten Stunden einen Anruf vom Mobilfunkanbieter!“. Und was ist passiert … nichts! … to be continued.
Nach einem verdammt leckeren Abendessen sind wir noch ins Nachbarhotel auf die Dachterrasse, da gab’s heute Live-Musik und ausserdem dürfen die Bier ausschenken.
Hier konnte man mal wieder geistig-spirituell suchende “Mittelalter“ Frauen beim Ausdruckstanz bewundern. Der eigentliche Lacher des Abends war aber ein anderer!
Ein ziemlich betrunkener Ire hat die Pause der Band dazu genutzt vor dem Mikrophon Werbung in eigener Sache zu machen. Nach ein paar Witzen hat sein auch betrunkener Kumpel mühselig die Gitarre startklar gemacht, und so stand dem “Alleinunterhalter“ Auftritt nichts mehr im Wege. Das erste Lied was der dem Singen nicht mächtige Ire zum Besten gab war der “Redemption Song“ von Bob Marley. Wobei die paar Töne die er auf der Gitarre spielen konnte ausreichten um die Melodie zu erkennen. Danach eine kurze Rede mit der Ankündigung: „I only know two songs, this was the first one. And now I’m gonna play the second one!” Er legte los mit folgender Strophe: Oh Baby, Baby how was I supposed to know, that something wasn’t right here! Oh Baby, Baby I shouldn’t let you go! And now you’re out of sight, yeah … Nach dem auch dem letzten der ca. 50 Gäste klar war, dass es sich hier um die accustic unplugged Rock-Version von Britney Spears „Baby one more time“ handelt tobte die Menge und der Ire hatte schliesslich alle auf seiner Seite. Allen Zugabe-Rufen zum Trotz war die Pause der eigentlichen Band leider zu Ende und es wurden wieder Mittelklasse-Oldies gespielt. Ein Dank an dieser Stelle noch den Restaurant-Betreibern die diesen Spontanauftritt überhaupt erst zugelassen haben!!!
So, jetzt mal was über Mamallapuram. Die kleine mit einem Weltkulturerbe geschmückte Küstenstadt, liegt am Fusse eines riesigen Felshügels am Golf von Bengalen. Von morgens bis abends ist in den sandigen Strassen der Klang der Meisel zu hören, da sich hier die Hochburg der Steinmetzkunst befindet. Bei der Besichtigung der Höhlen und Schreine waren wir mal wieder ein beliebtes Motiv der indischen Handys.
Nachdem wir dann immer noch keinen Anruf von Airtel … unserem zukünftigen Mobilfunk-Data-Flatrate Anbieter bekommen haben war’s mal wieder Zeit für einen Anruf bei unserem Shop-Verkäufer in Puducherry. “Oh – tut immer noch nicht … OK, ich kümmer mich darum! In 24h sollte es aber spätestens funktionieren!“ … to be continued.
Am nächsten Tag sind wir dann zu den 5 Rathas. Es scheint jedoch, als wären die Friese und Schreine gar nicht für die Andacht bestimmt, sondern eher als ein Aushängeschild für das Können lokaler Künstler gedacht gewesen. Auf dem Rückweg sind wir noch am Shore-Tempel an der Küste vorbei, und hier hatten wir unsere bisher krasseste Fotografier-Erfahrung. Zunächst fing alles ganz harmlos an. Wir zwei sassen auf einer Mauer ein paar Meter vom Tempel entfernt um die Atmosphäre und die Stimmung zu geniessen. Eine Frau hat sich ca. 2m neben Doris gesetzt und es war klar, dass Ihr Mann nicht nur Sie sondern auch uns auf das Bild bekommen möchte. Nachdem wir dann signalisiert haben, dass es für uns OK ist fotografiert zu werden, haben sich Sie und Er abwechselnd zwischen uns gesetzt. Das hat eine Ausflugs-Gruppe von ca. 50 Männern gesehen, und die sind sofort auf uns losgestürmt. Da der Bann eh schon gebrochen war, wurde auch gar nicht mehr erst gefragt. Immer schön einer zwischen uns gesetzt, Hände geschüttelt und umarmt, Visitenkarten in die Hand gedrückt und das ganze ca. 25-30min lang, bis dann alle mit allen Handys gefühlte 300 Fotos hatten. Nach einer kurzen Verschnaufpause hiess es nur noch Weg hier … bevor die Nächsten kommen. 🙂
Nach dem unser Stick immer noch nicht funktioniert hat, haben wir es mal bei der Airtel-Hotline versucht … ohne Erfolg. Ewig lange Warteschlange, miserables Englisch und für eine Hotline unterirdische Sprachqualität liessen auch diesen Versuch im Sand verlaufen.
Also bin ich mit einem Hotelmitarbeiter zum nächsten örtlichen Handyladen … vielleicht können die mir helfen. Das Ende vom Lied war dann die Empfehlung sowohl vom Handyladen aus Mamallapuram und auch aus Puducherry: Stick zurück bringen und Geld zurückbekommen. Irgendwie klappt wohl etwas mit der Authentifizierung nicht. Somit bin ich also am nächsten Morgen mit dem Bus 3 Stunden nach Pondi zurückgefahren, während Doris hier geblieben ist und sich um Blog und Tagebuch gekümmert hat. Im Laden in Pondi angekommen, mit einer stinkigen Laune hiess es dann: “Sie haben den Fehler im System gefunden – in 24h sollte er garantiert funktionieren“. Mit der Zusicherung, dass ich in jedem UnviverCELL-Laden in ganz Indien mein Geld zurückbekommen (falls er nicht funktioniert), oder dass er mir überall hin in Indien einen Rückerstattungs-Scheck schicken würde, habe ich dann anders wie geplant den Laden wieder mit 3G-USB-Stick verlassen und bin wieder 3 Stunden nach Mamallapuram zurückgefahren. Schnell gepackt und mit dem Bus nach Chennai, da wir von dort aus ja einen Nachtzug nach Mettupalayam hatten. Mit einheimischer Hilfe haben wir es trotz Rush-Hour gerade noch rechtzeitig zum Bahnhof geschafft.
Und die Data-Stick-Geschichte?
… to be continued!
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