Mettupalayam & Ooty
1. Dezember 2012Unser erster Nachtzug in Indien war sehr unterhaltsam. Jeder der Mitreisenden wollte wissen wo wir herkommen und ein paar Worte mit uns wechseln. Im Zug konnte man dann auch Abendessen bestellen, das dann allerdings nicht geliefert wurde und so wurden wir von den Einheimischen mit Essen versorgt. Im Vergleich zu Thailand gibt es hier in der Holzklasse zwar nur Pritschen und keine bequemen Klappbetten mit Kissen und Bettüberzug, es lässt sich aber trotzdem ganz gut schlafen. Als wir morgens um 5:45Uhr am Bahnhof in Mettupalayam angekommen sind, konnten wir beobachten wie gerade die über 100 Jahre alte Schweizer Zahnrad-Dampflok angeheizt wurde, der Grund weswegen wir hierhergekommen sind. Leider waren für den heutigen Tag bereits alle Tickets verkauft, so dass wir für eine Nacht in dem kleinen Ort abgestiegen sind. Im Hotel haben wir erst mal unseren Daten-Stick getestet. NICHTS! Keine grosse Überraschung. Mal wieder eine SMS an den Shop-Mitarbeiter geschrieben, der uns auch gleich zurückgerufen hat: Er muss noch aktiviert werden! SMS an Airtel geschrieben, und es geschehen doch noch Wunder: DER GEHT!!! WIR SIND DRIN!!!
Nach 13 Tagen, 6 Shop-Besuchen, 3 unterschiedlichen Verträgen, ca. 8 Telefonaten und unzähligen SMS, einem Besuch in einem anderen Handyladen und einer 6-stündigen Hin- und Rückfahrt mit dem Bus nach Pondi haben wir nun endlich INTERNET.
Am nächsten Morgen um 7:10 ging es dann für uns mit der alten Dampflock los, auf einer Höhe von 329m. Die nächsten 5 Stunden hat sich die Lok zischen und schnaufend ihren Weg auf 2209m nach Udagamandalam – auch Ooty genannt – erkämpft. Über 19 Brücken, 16 Tunnel, zeitweise mit einer Geschwindigkeit von 6 km/h, 4 Wasser-Auffüll-Stopps und unzähligen Fotos sind wir mit dem dampfenden und ächzenden UNESCO-Oldtimer im ziemlich kalten Ooty angekommen. Die Mägen voll mit selbstgemachten indischen Süssigkeiten, die wir von den verschiedenen Familien geschenkt bekamen, hat uns der Ganze Spass 35Cent pro Person gekostet!!!
Nach dem üblichen TukTuk-Theater (der Trick ist vom Bahnhof weglaufen und sich für ein Viertel des Preises an der nächst grösseren Strasse ein TukTuk nehmen) haben wir eine schöne von Nonnen geführte Unterkunft gefunden und sind dann erst mal zur Touri-Info. Bepackt mit Informationen wurden wir auch gleich von einem netten Inder zum Botanischen Garten gefahren. Hier war dann mal wieder Fotoshooting angesagt, bis jeder Inder ein Bild von uns hatte. Weiter mit dem Rikscha zum Bootshaus am See gefahren, eine Art Familien Amüsement-Park mit Fahrgeschäften, Miniatur-Zügen, Popcorn-Ständen und natürlich auch Tretbooten. Auf Doris Drängen hin, haben wir uns so ein Bötchen für eine halbe Stunde ausgeliehen … Fazit: >> It’s fun!
Was wir hier auch festgestellt haben, das Ooty wohl so was wie die Schokoladen-Metropole Indiens ist. Überall gibt es kiloweise Schokoladen-Platten zu kaufen. Yummi-Yummi! Liegt vielleicht an den kühlen Temperaturen, so dass die süssen Leckereien nicht wegschmelzen. Abends im Hotel haben wir dann gemerkt, wie verdammt kalt es hier wird. Wir wissen nicht wie kalt, aber uns hat es nur noch gefroren. Tagsüber in der Sonne war es noch angenehm – aber nachts!!! Hatten wir doch seit ca. 6 Monaten nie unter 30°C. An dieser Stelle wurde dann die Warm-Wasser-Flaschen-Heizung erfunden. Da das Hotel zwar über heisses Wasser nicht aber über eine Heizung verfügte, haben wir alle Flaschen und Eimer die wir finden konnten mit heissem Wasser gefüllt und in unserem Zimmer verteilt. Und so eine warme Flasche im Schlafsack bringt wahre Wunder.
Am nächsten Morgen sind wir mit dem Bus zur Valley View Lovedale Junction und haben von da aus unsere Trekking-Tour durch die Teeplantagen gestartet. Vorbei an wunderschönen kleinen Dörfern mit freundlichen Menschen und neugierigen Kindern. Nach knapp vier Stunden sind wir dann mit dem “Disco-Bus“ zurück nach Ooty. Der Bindi-rauchende Ein-Mann-Busunternehmen-Fahrer hat sein Gefährt mit einer anständigen Musikanlage ausgestattet, und so ging’s mit lauter Bollywood-Pop-Musik rasant über die schmalen Strassen zurück.
Eigentlich hatten wir für den nächsten Tag eine Tour zum Mudumalai Nationalpark gebucht, doch diese wurde morgens kurzerhand vom Anbieter gecancelt. Während wir noch vor dem Hotel gewartet haben, wurden wir von einer indischen Reisegruppe entdeckt und waren deren Tageshighlight und so haben wir neben vielen Fotos jetzt auch ein paar Facebook-Freunde mehr. Als Alternativprogramm zum Nationalpark sind wir mit dem Bus zur Dolphin’s Nose, einem Aussichtspunkt in den Teeplantagen, der seine Berühmtheit als Drehort etlicher Bollywood Filme erlangt hat. Auf dem letzten Stück, das wir zu Fuss durch Teeplantagen gelaufen sind, kamen uns zwei kleine Mädels entgegen, die unbedingt fotografiert werden wollten. Der Hund musste dann natürlich auch noch mit auf’s Foto, und als wir schon 50m weitergelaufen waren kamen die Kinder mit einem Zettel in der Hand hinterher uns hergerannt. Wie uns die Mutter, die auf einem Hügel stand, signalisiert hat, ist das ihre Postadresse und ob wir vielleicht die Bilder zuschicken könnten.
Am Aussichtspunkt angekommen, in mitten der Plantagen stand ein total schnuckeliger Tea-Shop mit einer kleinen Terrasse, von wo aus man einen traumhaften Blick auf die umliegenden Berge hatte und den leckeren Tee geniessen konnte. Neben dem Genuss des Tees, kamen wir auch in den Genuss indischer Fotografier-Kunst, die bei den Bildern zu bewundern ist (diagonale Aufnahme).
Da es sich um ein echtes Inder-Ausflugsziel handelt und wir ja jetzt wissen dass die Inder foto-geil sind, springen hier auch Portrait-Fotografen mit Fotodruckern herum, so konnten wir gleich die Bilder von den beiden Mädels drucken lassen. Nachdem wir selber ein paar Bilder geknipst hatten, haben wir uns auf den Rückweg zum Bus-Stopp bzw. zu den zwei Mädles gemacht. Uns schüchtern und vorsichtig in die aus 10 kleinen Doppelhäusern bestehende Teepflücker-Siedlung geschlichen, bis uns die zwei Mädels wieder entdeckt hatten und mit Indianergebrüll auf uns zugesprungen kamen. Als wir ihnen die Bilder überreichten, waren nicht nur die sondern auch wir überwältigt vor Freude. Wir wissen nicht ob wir jemals schon so glücklich leuchtende Augen und ein so fröhliches Lachen gesehen haben. Als Mutter, Tante und Onkel das mitbekommen haben sind wir zur Familie auf einen Tee eingeladen worden. Mit Händen und Füssen haben wir uns eine halbe Stunde mit der Familie unterhalten (und auch ein paar Fotos aus der Hüfte geschossen). Auf dem Weg zurück hat uns die Familie noch bis wir ausser Sichtweite waren zugewunken! Was für ein tolles Erlebnis! Auf unserem Fussmarsch nach Conoor, hat eine indische Familie auf halber Strecke angehalten und gefragt, ob sie uns mitnehmen können, und da es auf deren Strecke lag haben sie uns auch fast bis vor’s Hotel nach Ooty gefahren. Trotz Warm-Wasser-Flaschen-Heizung hat sich Daisy eine Erkältung eingefangen, so dass wir erst 2 Tage später mit dem Bus weiter nach Mysore gefahren sind.