Mandalay & Bagan
26. April 2013Die Nachtbusfahrt nach Mandalay hatte es in sich. Zwar war der Bus äusserlich in einem guten Zustand, doch liess sich bei Joga die Rückenlehne nicht feststellen, so dass sich diese immer wieder in die Senkrechte zurück gestellte. Die Strassen waren so holprig, dass 3 der burmesischen Mitreisenden bereits bei der Abendessenspause ein Spukerle gemacht haben. Die Klimaanlage war auf 14°C gestellt und mitten in der Nacht hatten wir dann auch noch eine Reifenpanne. Morgens in Mandalay angekommen, konnten wir mit etwas Verhandlungsgeschick zwei Mopeds finden, die uns zu unserer Unterkunft fuhren, wo wir erst einmal einen Vormittagsschlaf gemacht haben. Bei unserem ersten Spaziergang durch die Stadt konnten wir die Aufbauarbeiten und die Generalproben für das in zwei Tagen beginnende Wasserfestival beobachten. Zum ersten Mal haben wir auch einen richtigen Supermarkt entdeckt, bei dem wir uns mit neuen Kosmetikartikeln versorgten, und beim gegenüber liegenden Tanaka-Shop gab’s für Daisy ein Töpfchen mit dem Baumrinden-Konzentrat. Tanaka ist ein Baum, aus dessen Rinde und Wasser eine Paste angerührt wird, die sich die Burmesinnen als Gesichtscreme und auch als Sonnenschutz auf die Backen reiben.
Am nächsten Morgen wollten wir uns einen Scooter ausleihen, um in das ca. 10km entfernte Anamapura & Inwa zu fahren. Dies schien zunächst gar kein Problem zu sein, und die ältere Dame in unserer Unterkunft hat auch gleich bei einem Verleih angerufen. Als der Moped-Fahrer mit seinem Scooter dann in der Hofeinfahrt stand, kam der Sohn und hat den Fahrer wieder weggeschickt und seiner Mutter erklärt, dass sie das nicht mehr dürfen. Denn wenn den Touristen mit dem Moped etwas passiert, ist die Unterkunft als Vermittler mit in das Problem verwickelt. Auf die Frage wie wir denn nun an einen Scooter kommen, hiess es: „Wir sollen einfach an die Hauptstrasse vorgehen und jemanden Fragen.“ OK?!? Wir also los und jeden der am Strassenrand mit einem Scooter stand angehauen. Die ersten drei haben recht ungläubig mit dem Kopf geschüttelt und der Fahrer der vor 10min noch in unserer Hofeinfahrt stand, parkte praktischerweise gleich neben einem Polizeiposten – der fiel also auch raus. Wie sollen wir uns den hier ein Moped organisieren – haben wir uns gefragt! Es gibt keine offiziellen Verleihstellen mehr, und eine Privatperson würde uns doch nie ihren Scooter geben. Denkste! Kaum weitergelaufen wurden wir von einem Mann angesprochen der uns sagte, dass der Typ neben ihm sein Moped verleihen würde. Nach einer Preisverhandlung bekamen wir den Schlüssel in die Hand gedrückt und es hiess wir sollen heute Abend zwischen sechs und sieben wieder hier sein! Und auf die Frage was wir sagen sollen wenn uns die Polizei anhält, hiess es: „Die Polizei würde nie Ausländer anhalten, weil die Polizisten nämlich kein Englisch können.“ Wir also mit dem Moped losgefahren und uns am Kopf gekratzt … was für eine Aktion. Die hatten weder Geld von uns bekommen, noch wussten die irgendeinen Namen oder wo wir wohnen!!! Bei mittlerweile ungewohntem Rechtsverkehr, doch der Erfahrung aus Indien, sind wir bis nach Anamapura zur weltberühmten U-Bein Brücke gefahren. Das ist die längste Holzbrücke der Welt und mittlerweile von der UNESCO geschützt. Zu Fuss sind wir die 1,2km auf die andere Seite des Sees gelaufen, haben unzählige Fotos gemacht, und nach einer kleinen Stärkung ging’s weiter nach Inwa, der früheren Hauptstadt und ehemaligen Königssitz. Hier haben wir uns mehrere Tempel, Palastruinen und einen alten Aussichtsturm angeschaut, und als wir zu dem alten etwas ausserhalb liegenden Holzkloster kamen, war es bereits nach 16:00Uhr und konnten uns somit die 20 US-Dollar Eintritt sparen. Auf dem Rückweg nach Mandalay haben wir noch einen Stopp beim Mahamuni Tempel gemacht, eines der Haupt-Pilgerziele Myanmars. Das besondere hier ist die Buddha-Figur, an der die Gläubigen Blattgold anbringen, was mittlerweile auf mehrere hundert Kilo geschätzt wird. Zum Beispiel am Arm soll die Schicht über 25cm dick sein und die ganze Statue sieht etwas deformiert aus. Allein das herunterfallende und zusammengefegte Blattgold soll jährlich ein Kilo ergeben. Pünktlich um 19:00Uhr haben wir dann unseren Scooter zurück gebracht. Der Besitzer hat freudig das Geld angenommen und gemeint er würde jeden Tag an der Ecke stehen und falls wir Morgen nochmal ein Moped brauchen … ? Wir gleich: „Nee Nee – Morgen ist Wasserfestival, da iss Party angesagt!“
Und die Party begann auch gleich am Morgen. Beim Frühstück sitzend waren auf der Strasse nach einer Zeremonie klingende Gongschläge zu hören. Neugierig wie Daisy ist, hat sie den Kopf durchs Tor gestreckt um zu schauen, was da los ist und PLATSCH hatte sie den ersten Eimer Wasser im Gesicht. Trockene Kleidung anziehen unnötig, denn sobald man die nächsten Tage einen Schritt vor die Tür gesetzt hat, wurde man mit viel Geschrei und Jubel nassgespritzt. Richtigerweise wird einem das Wasser über den Rücken gelehrt, was symbolisch bedeutet, dass einem der Dreck und die Sünden des vergangenen Jahres weggewaschen werden, da das Wasserfestival im Vorfeld des buddhistischen Neujahres gefeiert wird. Doch mit vollem Carracho und Schwung ins Gesicht macht bekanntlich mehr Spass und die ganz Gemeinen hatten in ihren Wasserspritzpistolen, Flaschen oder Eimern Eiswasser, was selbst bei 40Grad einen Herzstillstand verursachte. Ansonsten war es die perfekte Abkühlung immer etwas nass durch die Gegend zu laufen. Für die Mandalayer Jugend schien der Beginn des Wasserfestivals zu bedeuten, möglichst viele alkoholische Getränke in sich reinzuleeren. Als wir zum Mittagessen in eine Bierhalle sind, schlief bereits die Hälfte der Jungs und Mädels auf den Tischen. Doch kaum waren sie erwacht, ging es weiter mit dem Moped zum Paradefahren. Gegen Nachmittag sind wir – Geld und Foto wasserdicht verpackt – los zur Partymeile um den Palast. Was uns dort erwartete war der Wahnsinn. Von jeder im Vorfeld aufgebauten Tribüne schallte laute Musik, von Elektro, über Rock bis zu traditionellen burmesischen Klängen. Davor war alles überfüllt mit tanzenden Menschen, die mit unzählbar vielen Schläuchen und Wasserwerfern von den Tribünen nassgespritzt wurden und die Strassen bereits alle unter Wasser standen. Für manche Kinder bereits genügend Wasser, um bis zur Brust darin zu sitzen, oder gar Schwimmübungen zu machen.
Da wir nicht nur Party feiern, sondern uns auch was von der Stadt anschauen wollten, haben wir uns für den nächsten Tag Fahrräder ausgeliehen. Erster Stopp war beim wunderschönen Atumashi Kloster, das allerdings heute leider zu hatte. So haben wir uns als nächstes, klatsche Nass die Kuthodaw und Sandamani Pagode angeschaut. In der erstgenannten wurde Buddhas Lehre auf 729 Marmortafeln verewigt und gilt somit als grösstes Buch der Welt. Auch unser nächstes Ziel, der Königspalast hatte heute und auch für die nächsten Tage geschlossen. Also sind wir kurzerhand die 8km Partymeile (die Palastanlage ist genau 2x2km gross) mit unseren Fahrrädern geradelt und haben uns unter die umgebauten Jeeps & Pickups gemischt, die voller tanzender und feiernder Burmesen waren, die es total klasse fanden, dass wir mit ihnen die Parade mitfahren und uns somit fast jedes Auto zugerufen und zugewunken hat. Das Ganze hatte irgendwie so gar nichts von dem bisherigen Myanmar, sondern kam einem ehr wie die Loveparade vor. Joga wurde dann noch von einem angetrunkenen Mopedfahrer abgeschossen. Der Fahrer wusste gleich dass er ein Problem haben wird, wenn er einen Touristen anfährt, und hat sich 10-fach erkundigt ob ihm den etwas passiert sei. Doch ausser ein paar Schürfwunden war alles in Ordnung und so konnten wir nach einer Red Bull Stärkung auch den letzten Programmpunkt für heute in Angriff nehmen – und zwar auf den Mandalay Hill hochradeln. Eine völlig bekloppte Idee dies nachmittags bei 45°C zu machen, weswegen wir dann die zweite Hälfte unsere Fahrräder auch keuchend und schwitzend neben uns herschoben. Dafür haben wir wohl die Ticketkontrolleure beeindruckt und mussten keinen Eintritt bezahlen. Von oben hatten wir einen traumhaften Ausblick auf die Palastanlage und auf die Stadt. Das Runterfahren war dafür umso herrlicher und nach einigen weiteren nassen Abkühlungen sind wir Abends zurück zur Unterkunft, da wir für den nächsten Morgen einen Bus nach Bagan gebucht hatten.
Am nächsten Morgen am Busbahnhof von Mandalay haben wir Eliane & Guy ein französisches Pärchen, das wir von der Hpa-an Buddha-Cave-Tour kannten, wieder getroffen. Zusammen sind wir nach Bagan gefahren, Myanmars Hauptattraktion, ein riesiges Pagodenfeld mit über 4400 Tempeln, die in nur 230 Jahren zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert erbaut wurden. Die ganze Gegend ist somit sehr touristisch und so war es gar nicht so einfach ein einheimisches und auch günstiges Restaurant zu finden. Burger, Pizza, China/Thai-Food gibt es überall – aber um ein gutes Shan-Noodle-Restaurant zu finden, mussten wir schon eine Weile suchen. Die leckere Suppe ist mittlerweile unser Hauptnahrungsmittel – Reisnudeln, Hühnchen, Chinakohl, Bohnenpaste, Erdnüsse, frittierter Knoblauch, Koriander, … und das Ganze in einer Brühe – einfach Lecker! Nach dem Essen sind wir zu Fuss zur Shwezigon Pagode, aber auch in Bagan war natürlich Wasserfestival und wir somit klatsch nass als wir den Tempel erreichten.
Am darauffolgenden Tag stand eine Tempel-Fahrrad-Tour durch das Pagodenfeld auf dem Programm. Früh morgens noch vor der Hitze sind wir losgeradelt, auch die Wasserwerfer waren schon auf den Beinen und wir somit schon wieder klatsche nass vor Erreichen des ersten Tempels. Auf der einen Seite immer eine schöne Abkühlung bei Temperaturen jenseits der 40°C Marke, auf der anderen Seite waren wir auch froh, dass heute der letzte Festival-Tag war. Alle 20 Meter einen Eimer Wasser während der Fahrt ins Gesicht geklatscht bekommen ist nicht immer witzig und auf Dauer ganz schön anstrengend. Um uns einen Überblick zu verschaffen, sind wir zu einem Aussichtsturm geradelt, der eigentlich zu einem Hotel gehört, dessen Anlage mitten in der historischen Ebene liegt. Leider waren wir für eine klare Sicht doch schon zu spät und es wurde bereits diesig. Bis zum Mittag ging es schwitzend an einigen der Hauptpagoden vorbei (alle einzeln aufzuführen, würde den Rahmen sprengen) und nachmittags weiter nach Old Bagan zu den grössten Tempeln. Auf jeden Fall alles sehr beeindruckend, bei der Hitze und den miserablen 1Gang-Fahrrädern aber auch sau anstrengend. So waren wir unglaublich froh, als wir abends Nyaung U den Ort unserer Unterkunft erreichten. Das letzte Stück allerdings unter Wasserdauerbeschuss, was trotz noch 35°C unglaublicher weise dazu führte, dass es uns kalt wurde und wir erst Mal eine halb Stunde heiss geduscht haben. Zur Stärkung gab es in unserem Shan-Noodle Restaurant nicht nur eine wohltuende warme Suppe, sondern noch weiter Leckereien, wie Pennyworth Salat oder Fried Soy Bean Salat – Lecker, Lecker, Lecker!
Daisy, die bei unserer Radtour immer mindestens die doppelte Menge wie Joga abbekam, hatte wohl somit auch ein bisschen mehr Wasser verschluckt und einen Durchfall-/ Krankheitstag eingelegt (vermutlich waren die ”Wasserwerfer” bei Joga – einem Touristen auf einem Fahrrad – noch etwas überrascht, aber bei Daisy die immer hinterher fuhr waren sie vorbereitet, oder vielleicht auch einfach nur, weil sie ein Mädel war). So konnten wir bzw. Joga wenigstens in Ruhe unseren Trip zum Mount Popa organisieren. Laut Aussage vom Hotel und von den Privat-Taxi-Anbietern fahren auf Grund des burmesischen Neujahrs keine Pickups und auch keine Busse, so dass uns nichts anderes übrig blieb als einen Privat-Fahrer anzuheuern. Komischerweise stiegen die Preise bei jeder Nachfrage, den irgendwie hatten die Fahrer keine Lust zu fahren und sie brauchten wohl eine Art finanzielle Motivationsspritze. OK – teuer aber was wollen wir machen … zahlen oder lassen! Da Eliane & Guy auch zum Mount Popa wollten, konnten wir uns zusammen für den nächsten Morgen ein Auto mit Fahrer mieten. Mit den zwei “Frührentnern“ haben wir uns prima verstanden. Eliane spricht zwar fast kein Englisch, dafür Guy umso besser Deutsch und das mit einem unglaublich sympathischen französisch-kölnischen Akzent, da er eine Zeit lang in Köln gearbeitet hat.
Auf unserer Fahrt zum Mount Popa wurde von unserem Fahrer ein klassischer “Touristen-Kaffeefahrt-Stopp“ bei einer Palmzuckerproduktion eingelegt, bei dem man natürlich selbigen auch erstehen konnte. Selbstverständlich gab es an dieser “authentischen“ Produktionsstätte auch sonstiges Souvenir-Gedöns zu kaufen. Bei der Ankunft an dem etwas seltsam aussehenden Berg waren wir geschockt was hier los war. Von wegen es fährt kein öffentlicher Transport – der ganze kleine Ort war zugeparkt von Bussen, Jeeps & Pickups. Alles war voll mit Einheimischen die auf Grund der Feiertage erst recht in Reiselaune waren. Also sind wir mal wieder verarscht bzw. schlichtweg angelogen worden. Leider sind wohl in gewissen Touristenregionen die Leute der Meinung dass man als “reicher Weisser“ sich alles leisten kann, und man gefälligst das speziell für ausländische Touristen eingerichtete Netzwerk auch zu benutzen hat! Die 777 Stufen bis zum Gipfel sind wir relativ schnell hochgestiegen, während die Einheimischen ganz schön schnaufen mussten. Komisch irgendwie – die Menschen in diesem Land können zentnerweise Last auf dem Kopf tragen, arbeiten hart jeden Tag die Woche, aber sobald es ein bisschen hoch geht versagt die Puste. Und wenn es wie bei Busfahrten ein bisschen schaukelt, verdreht sich gleich einem der Einheimischen der Magen – so wie auch mal wieder auf unserer Fahrt am nächsten Tag zum Inley Lake.
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