Aurangabad & Jalgaon
23. Dezember 2012Während der Zugfahrt nach Shirdi kam ein Anruf, dass es meiner Mama gesundheitlich sehr schlecht geht. Somit war für uns sofort klar, dass wir mit dem nächsten Flieger nach Deutschland zurückkehren werden. Die Zeit bis zur Ankunft des Zuges zog sich quälend lange hin. Endlich in Shirdi angekommen, sind wir sofort in den Warteraum des Bahnhofs, haben einen Flug im Internet für den nächsten Tag von Mumbai nach München gebucht und am Ticketschalter ein Zugticket nach Mumbai gekauft. Die 6 Stunden bis zur Abfahrt des Zuges zogen sich unglaublich zäh dahin. Die Sorge um meine Mama liess sich nicht verbergen, so dass alle wartenden Inder mitbekamen, dass es uns nicht gut ging. Alle haben versucht uns aufzumuntern und uns aufbauende Worte zugesprochen. Eine Inderin meinte, wir müssten uns absolut keine Sorgen machen, alles wird gut enden, da wir uns momentan auf heiligem Boden von Sai Baba befinden. Es ist echt erschreckend, wie Recht sie mit ihren Worten behalten sollte. Kurz vor Ankunft unseres Zuges nach Mumbai kam ein weiterer Anruf meines Papas, dass es neue Untersuchungsergebnisse gibt, die besagen, dass es sich um ein medizinisches Phänomen handelt und meine Mama bald wieder genesen sein wird und er uns zwar liebend gerne sehen würde, aber möchte dass wir unsere Reise fortsetzten. Uns beiden viel ein gigantisch grosser Stein vom Herzen und wir konnten sogar noch ohne Probleme unseren Zug und Flug stornieren.
Und schon waren wir wieder mitten im Abenteuer Indien! Wenn uns das Schicksal nun schon nach Shirdi verschlägt, und meiner Mama und uns die Kräfte Sai Babas geholfen haben, dann wollen wir hier auf jeden Fall nun auch eine Nacht verbringen und seinen Tempel besuchen, um ihn zu ehren. Im Zug hatten wir einen Flyer eines Hotels in Shirdi in die Hand gedrückt bekommen, den wir nun wieder aus dem Müll fischten und telefonisch nach einem freien Zimmer fragten, da dieser Ort mit keiner Silbe in unserem Reiseführer erwähnt wird und wir ja eigentlich nur in einen anderen Zug Richtung Aurangabad umsteigen wollten. Kein Problem, wir werden in 10 Minuten am Bahnhof abgeholt. Der Manager kam persönlich mit seinem MOTORRAD angebraust und drei erwachsene Menschen, zwei grosse, sowie zwei kleine Rucksäcke wurden auf den zwei Rädern verstaut und zum Hotel gefahren. Indian-Style eben!
Am nächsten Morgen wollten wir nun Sai Babas Pilgerstätte besuchen. Was uns bis dahin nicht bewusst war, wie sehr Sai Baba verehrt wird und welchen Kultstatus er geniesst. Täglich pilgern zwischen 40.000 und 100.000 Menschen zu seiner Stätte. Um nun Sai Babas Schrein, den Samadhi Mandir zu besichtigen, benötigt man ein Einlassticket und muss zum Teil stundenlang anstehen, um einen 2 minütigen Blick auf ihn werfen zu dürfen. Dank dem Ausländerbonus hatten wir die Möglichkeit einen VIP-Pass zu bekommen, der uns Erlaub eine halbe Stunde lang vor dem Schrein zu beten. Als Joga unsere Pässe in der Hand hielt, klopfte ihm ein Inder auf die Schulter und meinte: „You are a really lucky man“! Nach einer Personenkontrolle mussten wir 40 Minuten warten, bis wir letztendlich ins Innere Heiligtum durften, Männer und Frauen getrennt. So stand ich dicht gedrängt in mitten von klatschenden, singenden und betenden Frauen, sie haben ihre Opferblumen mit mir geteilt, ich habe meine mitgebrachten Opferblumen mit ihnen geteilt und es war einfach nur eine wunderschöne Gänsehautatmosphäre.
Das Besondere an Sai Baba ist, dass er die Grenzen zwischen Religionen aufgelöst hat und er gleichermassen von Hindus und Moslems verehrt wird.
„Om Sai, Sri Sai, Jai, Jai Sai“ Danke für Deinen Segen, Baba.
Am selben Tag ging es dann weiter zu unserem ursprünglichen Zielort Aurangabad. Die holprige Fahrt mit dem Bus dorthin hat dann doch länger gedauert als wir gedacht hatten, und so sind wir erst nach Einbruch der Dunkelheit in der 2 Millionen-Stadt angekommen. Die Hotelsuche hat sich dann auch schwierig gestaltet – alle 5 im Reiseführer empfohlenen Unterkünfte waren bereits ausgebucht. Somit blieb uns nur die unliebsamste Möglichkeit von allen übrig – einen TukTuk Fahrer nach einem Hotel fragen. Der hat natürlich prompt ein “tolles & günstiges“ gewusst und uns gegen eine Provision selbiger Unterkunft auch dorthin gefahren.
Aurangabad ist der Ausgangsort zur Besichtigung des Deogiri Forts und der Höhlen von Ellora und somit möchte einem gefühlt die ganze Stadt eine Tour dorthin verkaufen. Doch wir wollten dies auf eigene Faust, mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu einem 10tel des Preises besichtigen. Nach dem wir uns alle nervigen Verkäufer vom Hals geboxt hatten, sassen wir in einem der öffentlichen Busse nach Daulatabad, wo wir unseren ersten Stopp zur Besichtigung des Forts einlegten. Deogiri steht für „Berg der Götter“ und ist eine absolut beeindruckende Festung aus dem 14. Jahrhundert, die auf einem mächtigen Vulkankegel thront. Von oben hat man einen super schönen Panoramablick über die gesamte Anlage und Gegend. Doch um dort erst einmal hochzukommen, ist ein ziemlich anstrengender und schweisstreibender Aufstieg erforderlich, wobei ein Teil des Weges durch einen stockdunklen und nur mit einer Taschenlampe begehbaren steilen Tunnel nach oben führt, zudem ist der Tunnel von hunderttausenden von Fledermäusen bewohnt.
16km weiter von Daulatabad befinden sich die Ellora Höhlen. Dies sind 34 buddhistische, hinduistische und Jain-Höhlen, die entlang eines 2km langen Steilhanges aus dem Fels gehauen wurden. Das absolute Highlight ist der Kailash-Tempel, der grösste vollständig aus einem Felsvorsprung gehauene Tempel Indiens. Absolut beeindruckend, wenn man sich vorstellt, dass der gesamte Tempel mit einer Abmessung von 90 x 60m aus dem natürliche Fels heraus gemeisselt wurde.
Von Aurangabad ging es weiter mit dem Bus nach Jalgaon, ein recht untouristischer Ort, der auf Grund seiner Lage als Hauptverkehrsknotenpunkt für die Züge gilt. So dachten wir auch, dass dies ein guter Ort ist, um uns ein Zugticket nach Mumbai zu besorgen. Doch trotz mehrerer Tatkal-Versuche früh morgens (siehe Puducherry & Mamallapuram Bericht), war es aussichtslos ein Zugticket zu ergattern, so dass wir uns letztendlich für einen Nachtbus entschieden haben. In Jalgaon hatten wir das wohl sauberste und am besten gepflegte kleine Hotel Indiens, das einem Inder gehört und seit über 20 Jahren von ihm geleitet wird. In Indien werden traumhaft schöne Dinge gebaut, doch das Wort Instandhaltung hat dieses Land wohl noch nie gehört, so sehen viele Sachen leider bereits nach kurzer Zeit sehr heruntergekommen aus. Dieses Hotel war die absolute Ausnahme.
Von Jalgaon aus haben wir einen Tagesausflug, zusammen mit Hannah, einer Deutschen aus demselben Hotel, zu weiteren Höhlen gemacht, den Ajanta Caves. Auch dies sind 28 aus dem Fels gehauene Höhlen, doch befindet Ajanta sich in einer hufsteinförmigen Schlucht, was auf Grund der Sichtweise noch viel imposanter erscheint als Ellora. Innerhalb der einzelnen Höhlen findet man gigantische Buddha Statuen und andere Gottheiten, sowie recht gute Wandmalereien, von einer früheren Hochkultur aus dem 2. Jahrhundert, andere Höhlen wiederum sehen aus, wie ein komplett aus dem Fels gehauenes Kirchenschiff. Ellora und Ajanta gelten zu Recht als Weltkulturerbe, wenn man bedenkt, dass diese Kunstwerke einst von reiner Menschenhand über Jahrhunderte erschaffen wurden. Zum Glück waren wir rechtzeitig dort, da sich gegen Mittag tausende indische Touristen durchgeschoben haben. Unter anderem eine Schulklasse, wo wir mal wieder fürs Klassenfoto herhalten mussten, woraufhin der Lehrer meinte, er würde uns gerne zum Essen einladen. So haben wir zusammen mit den Schülern ein schattiges Plätzchen unter einem einstigen Pavillon gesucht und uns dort im Kreis hingesetzt. Vor uns wurde eine Zeitung ausgebreitet und jeder der Schüler durfte uns was aus seiner Tiffinbox (indische Vesperdose) abgeben. Anschliessend gab es dann noch Einzelfotos mit jedem Schüler und uns. Wahrscheinlich werden wir im Jahresbuch der Schule ganz gross rauskommen 😉
Für uns ging es dann abends mit dem Nachtbus weiter nach Mumbai.